Die Beta-Binomial-Verteilung  

Downloads:
Es wird eine Validierungsmethode mittels Beta-Binomial-Verteilung vorgestellt. Inputparameter sind hierbei die in BIS CRE, 2023 vorgegebenen Ausfallkorrelationen. Es zeigt sich, dass dieses Verfahren viele Nachteile der klassischen Validierungsmethoden für Ausfallwahrscheinlichkeiten (z.B. klassische Binominalverteilung) beseitigt und gleichzeitig den aufsichtsrechtlichen Vorgaben folgt.    

Im klassischen Binomialtest werden Ausfälle innerhalb einer Ratingklasse als unabhängig voneinander betrachtet. Für die \(N\) Schuldner innerhalb einer Ratingklasse handelt es sich damit um \(N\) unabhängige Bernoulli-Experimente \(X_i\) mit \(P(X_i=1)=\text{PD}\) und \(P(X_i=0)=1-\text{PD}\) für alle \(i=1, \dots, N\). Die Anzahl der Ausfälle aus diesen \(N\) Bernoulli-Experimente ist Binomialverteilt, d.h. ist \[ X = X_1 + \dots + X_N\] die Zufallsgröße für die Anzahl der Ausfälle in der zu validierenden Ratingklasse, so gilt für den \(P\)-Wert: \[\text{P-Wert} = P(X \geq D) = \sum_{i=D}^{N} \binom{N}{i} \text{PD}^i (1-\text{PD})^{N-i}.\] Dabei ist \(D\) die Anzahl der beobachteten Ausfälle.

Die Unabhängigkeit der Ausfälle ist keine plausible Annahme und verfälscht das tatsächliche Bild für die Wahrscheinlichkeit, dass selbst in einer "’schlechten"’ Ratingklasse keine Ausfälle auftreten. So zeigt die Auswertung der BBB-Schuldner von S&P, dass kein Ausfall eher die Regel als die Ausnahme ist (vgl. Abbildung 1).

Beta-Binomialverteilung

Die Beta-Binomialverteilung ist - wie der Name andeutet - eine Kombination aus der Beta-Verteilung und der Binomialverteilung. Es verallgemeinert die Binomial-Verteilung indem es Variationen in der Ausfallwahrscheinlichkeit zulässt. Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von \(k\) Ausfällen ist mit der Beta-Binomialverteilung \[P(X=k) = \binom{N}{k} \frac{B(\alpha+k, \beta + N - k)}{B(\alpha,\beta)}.\] Dabei ist \(B(\alpha, \beta)\) die Beta-Funktion.

\(X\) kann analog zur klassichen Binomialverteilung auch als die Summe von \(N\) Bernoulli-Experimente \[X = X_1 + \dots X_N\] mit einheitlicher Ausfallwahrscheinlichkeit \(\frac{\alpha}{\alpha+\beta}\) aufgefasst werden. Allerdings gibt es nun (vgl. (Leonhard Held 2020), p. 141-142) eine Korrelation zwischen den einzelnen Bernoulli-Variablen in Höhe von \[\rho(X_i,X_j) = \frac{1}{\alpha+\beta+1}.\] Um die Beta-Binomialverteilung sinnvoll nutzen zu können, müssen \(\alpha\) und \(\beta\) so kalibriert werden, dass sowohl die PD der entsprechenden Rating-Klasse als auch eine gegebene Ausfallkorrelation \(\rho\) innerhalb der Ratingklasse übereinstimmt. Dazu wählt man (vgl. (Moraux 2010), p. 68, (3)) \[\alpha=\text{PD} \cdot \frac{1-\rho}{\rho}\] und \[\beta=(1-\text{PD}) \cdot \frac{1-\rho}{\rho}.\] Damit ist der Erwartungswert der Beta-Binomialverteilung \[E[X] = N \cdot \frac{\alpha}{\alpha+\beta} = N \cdot \text{PD}\] und die Korrelation \[\rho(X_i,X_j) = \frac{1}{\alpha+\beta+1} = \rho.\]

Korrelationen aus Basel III

Die in Basel III beschriebenen Korrelationen (vgl. (BIS CRE 2023)) sind Assetkorrelaionen. Das für Basel verwendete 1-Faktormodell ist ein Firmenwertmodell, das als Faktor die Abhängigkeit zum systematischen Markt benutzt. Um diese für das Beta-Binomialmodel zu nutzen, müssen diese in Default-Korrelationen umgewandelt werden. In (Andreas Henking 2006), 6.1.3, pp. 166-167 wird hierzu eine Formel angegeben. Diese ermöglicht es, das Beta-Binomialmodell konsistent zur vorgegebenen Eigenmittelunterlegung zu verwenden.

Umsetzung in Excel

Die Umsetzung der Beta-Binomialvetrteilung in Excel hängt im Wesentlichen von der Beta-Funktion \(B(\alpha,\beta)\) ab. Diese ist in Excel nicht verfügbar, kann aber über einen Umweg über die Betaverteilung berechnet werden. Als VBA-Code ist die Beta-Funktion damit

Die Beta-Binomialverteilung kann nun für k Ausfälle, n Kreditnehmer, Ausfallwahrscheinlichkeit PD und Ausfallkorrelation rho in VBA folgendermaßen umgesetzt werden:

Wird in der obigen VBA-Funktion kum auf 1 gesetzt, so wird die kumulierte Verteilung berechnet.

Technischer Anhang

Beta-Binomialverteilung

Das Auftreten von \(k\) Ausfällen ist mit der Beta-Binomialverteilung \[P(X=k) = \binom{N}{k} \frac{B(\alpha+k, \beta + N - k)}{B(\alpha,\beta)}.\] Dabei ist \[B(\alpha, \beta) = \int_0^1 x^{\alpha - 1}(1 - x)^{\beta - 1} dx\] die Beta-Funktion.

Die Beta-Binomialverteilung hat den Erwartungswert \[E[X] = N \cdot \frac{\alpha}{\alpha+\beta}\] und die Varianz \[Var[X] = N \cdot \frac{\alpha\beta}{(\alpha+\beta)^2}\cdot \frac{\alpha+\beta+N}{\alpha+\beta+1}\] Die Beta-Binomialverteilung hat als Randverteilung die Binomialverteilung \[ X|\pi \sim \binom{N}{x} \pi^x (1-\pi)^{N-x}\] und die Beta-Verteilung \[\pi \sim \text{Be}_{\alpha,\beta}.\] Mit \(\alpha=\text{PD} \cdot \frac{1-\rho}{\rho}\) und \(\beta=(1-\text{PD}) \cdot \frac{1-\rho}{\rho}\) ist \[E[X] = N \cdot \frac{\alpha}{\alpha+\beta} = N \cdot \text{PD}\] und die Korrelation \[\begin{aligned} \rho(X_i,X_j) & = & \frac{1}{\alpha+\beta+1}\\ & = & \frac{1}{\text{PD} \cdot \frac{1-\rho}{\rho}+(1-\text{PD}) \cdot \frac{1-\rho}{\rho}+1}\\ & = & \frac{1}{\frac{1-\rho}{\rho}+1}\\ & = & \frac{1}{\frac{1-\rho+\rho}{\rho}}\\ & = & \rho. \end{aligned}\]

Defaultkorrelationen

Die Defaultkorrelationen können entweder auf verschiedene Werte gesetzt werden (z.B. 1%, 2%, 3%) und so eine "’implizite Defaultkorrelation"’ aus der Stichprobe ermittelt werden, d.h. die Korrelation, die die beobachteten Ausfälle am Besten erklären, oder es werden die aufsichtsrechtlichen Korrelationen benutzt.

Für \(R_A\) als Assetkorrelation wie in (BIS CRE 2023) und für die bivariate Standardnormalverteilung \[\Phi_{\mu, \text{Cov}(x,y)}\] mit Erwartungsvektor \(\mu=(0,0)^T\) und Kovarianzmatrix \[Cov = \left(\begin{array}{cc} 1 & R_A\\ R_A & 1 \end{array}\right)\] berechnet sich die Defaultkorrelation \(\rho\) zu \[\rho = \frac{\Phi_{\mu, \text{Cov}(x,y)}\left(\Phi^{-1}(\text{PD}), \Phi^{-1}(\text{PD})\right)-\text{PD}^2}{\text{PD} \cdot (1-\text{PD})}.\] Dabei ist \(\Phi\) die Standardnormalverteilung.

Damit lassen sich Assetkorrelationen \(R_A\) aus Basel III in Defaultkorrelationen \(\rho\) umrechnen.

Literatur

Andreas Henking, Christian Bluhm und Ludwig Fahrmeir. 2006. Kreditrisikomessung. Berlin: Springer.

BIS CRE. 2023. “CRE31 IRB Approach: Risk Weight Functions.” Bank for International Settlements. https://www.bis.org/basel_framework/chapter/CRE/31.htm?inforce=20230101&published=20200327&tldate=20230101.

Leonhard Held, Daniel Bove. 2020. Lilelihood and Bayesian Inference, 2nd Ed. Berlin: Springer.

Moraux, Franck. 2010. “Sensitivity Analysis of Credit Risk Measures in the Beta Binomial Framework.” The Journal of Fixed Income 2010 (Winter): 66–76.

Nick W Kraemer, Jon Palmer. 2023. “Default, Transition, and Recovery: 2022 Annual Global Corporate Default and Rating Transition Study.” https://www.spglobal.com/ratings/en/research/articles/230425-default-transition-and-recovery-2022-annual-global-corporate-default-and-rating-transition-study-12702145.