Die Zuordnung zu Profit- oder Service/Cost-Center ist bei vielen Bereichen einer Bank natürlich vorgegeben. Die Marktbereiche bekommen ein Ertragsziel, die nachgelagerten Bereiche ein Kostenziel. Das Treasury nimmt hier als „sowohl-als-auch“-Bereich eine Sonderstellung ein. Daher wird es in verschiedenen Banken auch unterschiedlich behandelt.
Treasury als Cost-Center
Ein Treasury, das als Cost-Center betrieben wird, verwendet
einheitliche, vom Vorstand oder ALCO festgelegte Verrechnungskurven.
Diese Kurven belasten oder vergüten Passiva und Aktiva auf Bilanzebene.
Ziel ist es, die Last auf der Passiv-Seite mit Erträgen der Aktiv-Seite
zu verrechnen und somit die Refinanzierungskosten zu decken.
Die Vorteile eines Treasury als Cost-Center zeigen sich besonders in
homogenen, granularen Kreditportfolios oder Fundingmixen. Hier haben
Mitarbeiter weder auf der Passiv- noch auf der Aktiv-Seite die
Möglichkeit, systembedingte Schwächen der Kurven auszunutzen. Diese
Struktur findet sich häufig bei Banken mit homogenen Refinanzierungs-
und Aktivitätsseiten, die überwiegend kleinteilige Transaktionen
durchführen.
Steuerungsimpulse für Zins- und Refinanzierung sind meist auf Gremien
wie den Vorstand ausgelagert und erfolgen daher nicht kontinuierlich,
sondern nach Gremienentscheidungen. Auf Basis dieser
Gremienentscheidungen werden die Transaktionen anschließend über einen
Marktbereich ausgeführt.
Durch die Implementierung eines Cost-Centers können interne Kosten
(System, Personal) innerhalb des Treasury reduziert werden, da die
Verrechnung zwischen Aktiv- und Passiv-Seite pauschaliert wird. Es
besteht jedoch das Risiko, dass manche Produkte andere Produkte
subventionieren und es zu Fehlallokationen kommt. Zudem kann es die
Mittelaufnahme verteuern, da günstigere Fundingquellen zu teuer bezahlt
werden bzw. automatisierte Refinanzierungsprozesse die aktuellen
Marktgegebenheiten nicht ausreichend berücksichtigen und es aufgrund der
Markt-ferne des Treasury-Cost-Center zu Informationsdefiziten
kommt.
Ein Treasury als Cost-Center fördert die Automatisierung und
Digitalisierung des Fundingprozesses, um interne Kosten zu minimieren.
Allerdings ist eine kontinuierliche Betrachtung der Liquiditätskosten
erforderlich, um Fehlallokationen zu vermeiden. Zudem wird die
Verantwortung zur Zinspositionierung bzw. Liquiditätssteuerung meist auf
den Vorstand delegiert. Dies reduziert die Reaktionsgeschwindigkeit für
Marktopportunitäten deutlich.
Folgende zusätzliche Vor- und Nachteile hat ein Treasury als
Cost-/Service-Center:
Vorteile:
Risikomanagement: Der Fokus liegt auf der Minimierung von Risiken und Kosten statt auf der Ertragsmaximierung, was zu einer konservativeren und stabileren Finanzstrategie führt. Die Kontrolle über Liquidität und Risikoexposition der Bank wird vereinfacht.
Zielausrichtung: Es gibt eine klare Ausrichtung auf die Unterstützung der Hauptgeschäftsbereiche der Bank ohne eigene Gewinnziele. Die Integration in die Gesamtstrategie der Bank, insbesondere in Bezug auf Risikomanagement und Liquiditätssteuerung, ist einfacher.
Transparenz: Die Kostenkontrolle und Budgetierung wird vereinfacht, da die Hauptaufgabe des Treasury auf Kostenminimierung und effizientes Management der Finanzressourcen beschränkt ist. Die Komplexität in der Leistungsbewertung wird verringert, da keine Ertragsziele berücksichtigt werden müssen. Konflikte zwischen Marktbereichen und Treasury werden vermieden.
Nachteile:
Motivation und Anreize: Es gibt geringere Anreize für günstigere Fundingquellen, da der Fokus nicht auf der Ertragssteigerung liegt.
Effizienzverlust: Es können mögliche Ineffizienzen durch den mangelnden Druck zur Ertragsoptimierung und Kosteneinsparung entstehen. Es besteht das Risiko, dass das Treasury eher als „Verwaltungseinheit“ statt als strategischer Partner wahrgenommen wird. Interne Arbitrage auf Aktiv- und Passiv-Seite ist möglich. Automatisierungen können zu unwirtschaftlichen Entscheidungen führen (z.B. Mikro-Hedging oder kongruente Refinanzierung von Einzeltickets)
Mangel an Flexibilität: Die Flexibilität bei der Nutzung von Marktchancen zur Ertragssteigerung ist eingeschränkt. Der Entscheidungsprozess kann potenziell langsamer sein, da der Fokus auf der Einhaltung von Budgetvorgaben und Kostenzielen liegt. Aufgrund des fehlenden Marktzugangs entsteht ein Informationsdefizit im Treasury. Dies kann sowohl durch interne als auch externe Markteilnehmer ausgenutzt werden.
Treasury als Profit-Center
Ein Treasury als Profit-Center erhält ein Ergebnisziel und
entsprechende Limite, einschließlich Value-at-Risk (VaR) und Present
Value of a Basis Point (PVBP). Im Extremfall ist das Treasury zu 100 %
auf ein maximales Ergebnis ausgerichtet, d.h. die Zielfunktion
ist:
Zielfunktion: Maximiere den
Ertrag zwischen Aktiv- und Passivseite
unter den Nebenbedingungen: \[\begin{aligned}
a) & \quad \text{Einhaltung der Liquiditätskennzahlen (LCR,
NSFR) und Liquiditätslimite} \\
b) & \quad \text{Ausreichende Liquiditätsversorgung} \\
c) & \quad \text{Einhaltung der VaR-Limite}
\end{aligned}\]
Ein Profit-Center agiert proaktiv und versucht, sich zu günstigen
Zeiten zu refinanzieren. Der Fund-Transfer-Preis-Prozess ist
ausgereifter und interne Arbitrage der Aktiv- und Passiv-Bereiche wird
erschwert, da das Treasury die verfügbaren Mittel optimal einsetzen und
verrechnen möchte.
Die kürzeren Entscheidungswege ermöglichen ein marktnahes Agieren und
die Nutzung von zeitnahen Opportunitäten bei der Refinanzierung und
Zinsabsicherung.
Liegt der Fokus der Verzielung des Treasury zu sehr auf Ertrag,
könnte das Treasury die Bankziele (Kreditgeschäft, Fundingbeschaffung)
vernachlässigen. Zudem werden Risiken auf der Aktivseite bevorzugt, die
keine Liquiditätsbelastungen darstellen.
Folgende zusätzliche Vor- und Nachteile hat ein Treasury als
Profit-Center:
Vorteile:
Gewinnorientierung: Ein Profit-Center bietet den Anreiz zur Ertragssteigerung durch aktives Management von Zinsmargen, Währungsrisiken und anderen Finanzinstrumenten. Dies fördert eine unternehmerische Kultur, die auf Innovation und Effizienzsteigerung abzielt.
Leistungsbewertung: Durch die klare Messung der Performance anhand von Ertragskennzahlen wird die Effizienz und Effektivität des Treasury-Managements besser beurteilt. Erfolgreiche Strategien und Praktiken können so einfacher identifiziert und gefördert werden.
Flexibilität und Entscheidungskompetenz: Ein Profit-Center ermöglicht erhöhte Flexibilität und Eigenständigkeit bei Investitionsentscheidungen und der Auswahl von Finanzinstrumenten. Dies führt zu einer schnelleren Reaktionsfähigkeit auf Marktveränderungen und -chancen.
Motivation: Gezielte Anreizsysteme, die auf Ertragsziele ausgerichtet sind, steigern die Motivation und das Engagement der Mitarbeiter.
Nachteile:
Risikoverhalten: Ein Profit-Center kann zu potenziell erhöhter Risikobereitschaft führen, um Erträge zu maximieren, was zu unerwünschten Verlusten führen kann. Der Fokus auf kurzfristige Gewinne kann die langfristige Stabilität und das Risikomanagement beeinträchtigen.
Interessenkonflikte: Es können Konflikte zwischen den Zielen des Treasury und den Gesamtzielen der Bank entstehen, insbesondere in Bezug auf Risikomanagement und Liquiditätssteuerung. Es besteht die Gefahr von Missmanagement, wenn kurzfristige Erträge über strategische Ziele gestellt werden. Zudem nehmen interne Diskussionen und potentielle Konflikte zwischen Kreditbereichen und Treasury zu (Monopol des Treasury bei Funding).
Komplexität und Überwachung: Ein Profit-Center erhöht die Anforderungen an die Überwachung und das Controlling, um sicherzustellen, dass die Gewinnziele nicht auf Kosten der Sicherheit und Stabilität erreicht werden. Umfangreiche Compliance- und Risikomanagementsysteme sind notwendig, um Fehlverhalten zu verhindern.
Fazit
Die Wahl zwischen einem Treasury als Cost-Center und einem als
Profit-Center hängt stark von der Struktur und den Zielen der Bank ab.
Ein Cost-Center eignet sich besser für Banken mit homogenen und
standardisierten Portfolios, während ein Profit-Center für komplexere
und großvolumige Geschäfte geeigneter ist. Beide Modelle haben ihre Vor-
und Nachteile und sollten sorgfältig im Kontext der spezifischen
Anforderungen und Ziele der Bank evaluiert werden.
Die Verzielung des Treasury als Profit-Center sollte nur zu
einem kleinen Teil auf dem Ertragsziel liegen und zu einem weit größerem
Teil auf den Bankzielen. Zudem ist darauf zu achten, dass die
Barwertveränderung in die Verzielung mit aufgenommen wird. Aufgrund
seiner strategischen Bedeutung sollte ein Treasury als Profit-Center dem
CEO zugeordnet werden. Ist dies aus aufsichtsrechtlichen Gründen
(Ressort-Verteilung) nicht möglich, ist das Treasury als Service-Einheit
beim CFO meist die bessere Wahl. Die Zuordnung des Treasury zu einem
Marktressort außerhalb des CEO/CFO sollte in jedem Fall vermieden
werden, da hier Interessenkonflikte wahrscheinlich sind.